Liebe freunde des kulturaustausches,
der faust-blog nähert sich seinem ende. Bisher hat david ja noch immer keinen eigenen computer, und meiner schwebt zur zeit ein paar tausend meter (9200 meter, geschwindigkeit ca. 720 km/h, sagt gerade der käptn) über der erde. Zu meiner rechten zieht festland an mir vorüber (wahrscheinlich china, denke ich), unter mir erkenne ich das meer und ein paar verlorene schiffe. Natürlich schreibe ich offline, später kommt der text dann ins netz.
Gut möglich, dass david sich ein Ipad zulegt- das wäre für den blog sicher etwas gutes.
Die premiere liegt ja jetzt schon ein paar tage zurück, und in der zwischenzeit ist so viel passiert, dass ich die dinge ein wenig durcheinander bekomme. Aber ich fange einfach mal an:
Das in europa so wichtige rituelle ranking in form eines án manchen häusern sogar mitgestoppten applauses gibt es hier nicht: man klatscht, und dann geht man heim. Für uns ist das natürlich merkwürdig gewesen, nur gut, dass david das vorher gewusst hat, sonst hätten wir uns schon sehr über die kürze des applauses gewundert. Herzlich war er trotzdem, und später gab es sehr schöne rückmeldungen von den besuchern: zum beispiel meinte ein älterer herr in einem tollen hut, er wäre beim applaus ganz erstaunt gewesen, dass nur 6 schauspieler auf der bühne waren, während der aufführung seien es ihm viel mehr vorgekommen. Und viele haben gesagt, die arbeit habe sie sehr gerührt.
Mittlerweile sind auch die ersten kritiken erschienen, aber leider haben wir sie noch nicht lesen können, da sie ja zuerst übersetzt werden müssen... in den nächsten tagen werden wir wohl mehr erfahren, wie der presse das stück gefallen hat.
Am tag nach der premiere wurden wir in das haus unseres faustschauspielers eingeladen. Leider hatte ich meine kamera nicht dabei, sonst könnte man auf diesem blog sehen, wie ein koreanisher fernsehstar lebt: nicht schlecht nämlich, in einem haus, das sich über fünf stockwerke erstreckt und das eine dachterasse hat mit blick auf das nächtliche seoul. Dazu zwei hunde und eine siamkatze.
Das essen war köstlich, und am späteren abend hagelte es geschenke: schuhe für david, ein kleid für meine freundin (was man hier „spank“ nennt, viel spass beim raten, was das bedeutet). Als ich aufs klo ging, habe ich im zimmer seines sohnes ein paar manga-figuren im rega stehen sehen, und ich war so unvorsichtig, den vater nach einem geschäft für derartige figuren zu fragen, um geschenke für meinen bruder und die artillerie (www.die-artillerie.com) zu besorgen. Schon ging er mit mir ins zimmer und räumte das ganze regal des armen sohnes aus... was wäre ich sauer gewesen über meinen vater, wenn er einfach alle meine krieg der sterne figuren verschenkt hätte!
Später kamen noch fächer, eine rote baseballkappe etc dazu, und es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte uns auch noch seinen roten porsche geschenkt.
Übrigens hat das haus markisen, auf denen „jewelry- house“ steht, da nämlich der name unseres gastgebers übersetzt „juwel“ heisst. Insofern könnte das haus und seine bewohner auch gut nach sylt passen...
Zumindest die figuren kann ich ja mal fotografieren, und ich habe dem hausherr auc hversprochen, ein foto zu machen von meiner freundin und mir mit mütze und kleid in italien, nur habe ich noch nicht entschieden, wer das kleid trägt und wer die mütze.
Gestern jedenfalls war mein letzter tag in korea, und das theater hat eine abschiedsfeier für mich organisiert, auf der ich wieder reich beschenkt wurde, unter anderem mit einer krawatte, auf der der text des „urfaust“ 8zumindest ein teil davon) geschrieben steht. Das wird natürlich die premierenkrawatte, und dann wird ein foto nach seoul geschickt.
Und „stagemanager kim“ hat mir einen tragegurt für meine kamera geschenkt, und zwar, wie er betonte, „made in korea“!
Als ich mich nach dem essen von unserem valentin-schauspieler verabschiedete, sind ihm doch tatsächlich die tränen gekommen- das ist mir noch nie passiert, und das rührt und ehrt mich sehr. Ich hoffe sehr, dass die urfaust- inszenierung für ihn einen neuen schub mit vielen neuen und schönen rollen bedeutet, das hätte sich dieser grosse schauspieler mehr als verdient!
Dann sind wir noch ein wenig das nachtleben von korea erforschen gegangen, und da ich dieses mal die kamera dabei hatte, folgen hier in den nächsten tagen noch ein paar fotos...
Der abend endete dann nach vielenvielen wodkas, garniert mit obst und dancefloor-music, mit einer spontanen besichtigung eines kleinen parkplatzes und einer nahegelegenen brücke...
Später ging es, zuerst zu fuss und dann mit dem taxi, zum hotel.
Eigentlich hatte ich ja nicht erwartet, david vor meiner abreise noch einmal zu sehen, aber am nächsten morgen trafen wir uns dann doch noch in alter frische zum frühstück. Frau lee und ok-kyoung waren auch da (mit geschenken natürlich), und dann ging es ab zum flughafen.
Natürlich haben wir viel zu wenig von korea gesehen, viel zu wenig von seoul und viel zu wenig vom leben ausserhalb des theaters. Ob wir noch einmal in korea arbeiten werden, ist noch nicht beschlossen, aber david und ich würden uns sehr darüber freuen. Ich bin noch nie so herzlich verabschiedet worden, und ich werde die menschen hier vermissen: die schönen frauen mit ihrem langen haar und ihren kurzen röcken, das nun einmal mit recht so zu nennende Junge Team der technik im theater, die bis zur selbstaufopferung hilfsbereite frau lee, die immer strahlende ok-kyoung, den grafiker des theaters, der uns endlich einmal ein echtes filmplakat für den urfaust entworfen hat, den musiker und tontechniker ethan, der offenbar im theater übernachtet hat, bis unsere musikeinspielungen perfekt waren, die maske, die so schönes brusthaar für den teufel geknüpft hat...
Und natürlich werde ic hjae-min vermissen, meinen übersetzer, der sukzessive auch noch zum bühnenbildassistent, kostümbildassistent, requisitenbetreuer, video- assistent und zum garderobensuperviser gemacht wurde, daneben auch noch eine familie hat, an der universität unterrichtet und einmal auch noch zur armee musste, um sich erklären zu lassen, dass korea immer noch mit sich selber im krieg ist.
Ein paar nachträge wird es sicher noch geben, vor allem fotos denke ich, aber ich möchte mich hier, während ich auf dem weg nach deutschland im flugzeug sitze, schon verabschieden:
An jon hi ke se jo! Und à bientot!
f.
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